Forschungstag 2007

Forschungstag 2007 im Astrologie-Zentrum Hannover

Am 08.12.2007 fand im Astrologie-Zentrum Hannover auf Einladung der Zentrums-Leiterin Annegret Becker-Baumann (Dipl.-Ing. agr.) ein ungewöhnlicher Diskurs statt.
Vor- und zur Diskussion gestellt wurde die Dissertation von Dr. Peter Niehenke, Leiter des Astrologie-Zentrums Freiburg. Der Titel der 1987 im Aurum-Verlag publizierten Doktorarbeit lautet: „Kritische Astrologie. Zur erkenntnistheoretischen und empirisch-psychologischen Prüfung ihres Anspruchs“. Die zentrale Frage dieser Arbeit zielt auf eine erkenntnistheoretische Herangehensweise und überprüfbarkeit der Astrologie. Als erkenntnistheoretischer Ansatz dient Niehenke hierbei vor allem die von dem deutschen Biologen und Systemtheoretiker Ludwig von Bertalanffy (1901 – 1972) aufgestellte allgemeine Systemtheorie. Bertalanffy suchte nach einer Theorie des Lebendigen jenseits mechanistischer Vorstellungen. Bei Wikipedia liest sich das so:

„Bertalanffy führte ein neues wissenschaftliches Paradigma ein, das er als Gegenentwurf zur klassischen Physik positionierte. Er kritisierte deren deduktive Verfahren und die damit einhergehende isolierte Betrachtung von Einzelphänomenen. Für die Biologie sei diese Methode nicht adäquat. Anstelle von Einzelphänomenen, die in der Realität niemals isoliert aufträten, seien diese Phänomene in ihrer Vernetzung zu beschreiben. Daher setzte er der isolierten Einzelbetrachtung den Systembegriff entgegen, wobei dieser Begriff eine Menge von Elementen und deren Relation untereinander beschreiben soll. Als ein solches Modell betrachtete er die “organisierte Komplexität”. Während die klassische Wissenschaft “unorganisierte Komplexität” erfolgreich beschrieben habe, stehe die theoretische Erfassung organisierter Komplexität vor neuen Herausforderungen. Organisierte Komplexität sei gegeben, wenn Einzelphänomene nicht schlicht linear logisch miteinander gekoppelt seien, sondern Wechselwirkungen unter ihnen bestünden. Sei dies der Fall, könne eine exakte Beschreibung der reziproken Vernetzungsbedingungen ein Bild von der Einheit der Summe jener Einzelphänomene vermitteln. Die Systemlehre untersucht somit die Organisationsformen komplexer Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Elementen jenseits linear darstellbarer Relationen und einfacher Kausalität.“

Peter Niehenke übernimmt die Systemtheorie als Erklärungsmodell biologisch-komplexer natürlicher Systeme aufgrund der Ähnlichkeit des zu bestimmenden Gegenstands für die Astrologie, die den Mikrokosmos Mensch in den Makrokosmos Sonnensystem / Universum einordnet.

Der zweite Teil seiner Arbeit bildet die umfangreiche Studie, die mithilfe eines mehr als 500 Punkte umfassenden Fragebogens an 3.290 Probanden eine empirisch eindeutige Belegbarkeit der Astrologie nachweisen wollte. Der Versuch, Astrologie in dieser Weise über eine statistische Auswertung des Fragenkatalogs zu beweisen, scheiterte. Die aufgestellte Hypothese, dass die Selbstbeschreibung einer Person mit der symbolischen Bedeutung der Tierkreiszeichen, in denen sich der Aszendent, die Sonne oder der Mond der Person befindet, korreliert, konnte nicht eindeutig bestätigt werden. Die menschliche Individualität wie auch die Ausdifferenziertheit des astrologischen Systems lassen sich offenbar nur schwer kategorisieren.

Zu Beginn des Tages referierte Volker Schendel, MR.i.e.R., die Dissertation von Peter Niehenke und fasste die wesentlichen Ergebnisse der Doktorarbeit für die Gäste zusammen. Anschließend bildeten die erkenntnistheoretischen Ansätze von Peter Niehenke die Basis für die weitere Diskussion. Die Vorträge von Peter Niehenke: „Spieglein, Spieglein“, „Die Metapher von der Qualität der Zeit“ und „Ganzheitliches Verständnis von der Zeit“ wurden ergänzend herangezogen.


Abb.1: Volker Schendel beim Einführungsreferat

Gäste und Diskussionspartner waren: Prof. Dr. Dr. Peter Antes, Leiter des Religionswissenschaftlichen Seminars der Leibniz-Universität Hannover, Dr. Gustav- Adolf Schoener, der im Rahmen seiner Lehrtätigkeit in seinen Seminaren Astrologie in den religionswissenschaftlichen Kontext stellt und derzeit noch an seiner Habilitationsschrift „Astrologie in der Religionsgeschichte. Die interdisziplinäre Struktur eines Weltdeutungssystems“ arbeitet, Prof. Dr. Bernd Oppermann, LL.M., Ordinarius für deutsches, europäisches und internationales Zivilrecht und Handelsrecht der Juristischen Fakultät der Leibniz-Universität Hannover und sein Doktorand MR.i.e.R., Volker H. Schendel, Dr. Gerhard Stamer, Leiter des privaten philosophischen Instituts Reflex, Hannover sowie Bianca Schmale, M.A. und Gesine Mantel.

Die folgenden Fotos zeigen die Gäste, immer von links nach rechts:


Abb. 2: Prof. Dr. Dr. Peter Antes, Dr. Gustav-Adolf Schoener, Gesine Mantel


Abb. 3: Bianca Schmale, Prof. Dr. Dr. Peter Antes


Abb. 4: Dr. Peter Niehenke, Prof. Dr. Bernd Oppermann, Dr. Gerhard Stamer

Peter Niehenke gelang es bei der Diskussion in gewohnt souveräner Art, seine Zuhörer zu fesseln und ihnen seine Gedanken verständlich zu machen. Das Modell der Systemtheorie ist in der Tat ein ganzheitlicher Ansatz, der Natur und Geist versöhnen könnte. Peter Niehenke hat mit seiner Dissertation Pionierdienste für die Astrologie geleistet. Der erkenntnistheoretische Ansatz bietet dem Evidenzgefühl der Astrologen eine ernst zu nehmende Grundlage, die Kritiker der Astrologie nicht ungeprüft zurückweisen können. Auch verbandspolitisch ist dies nicht zu unterschätzen.

„Die astrologische Grundüberzeugung: „Wie oben, so unten“, drückt nur in gleichnishafter Sprache aus, was in der Systemtheorie als Homologie der Systemeigenschaften auf unterschiedlichen Ebenen bezeichnet wird, wobei kosmisches Geschehen ausdrücklich mit einbezogen ist (siehe Jantsch, op.cit., sowie Landscheid 1984).“ 1)

Die astrologischen Symbole stellen die Grundprinzipien des Lebendigen dar, und die Erfahrung von Evidenz, wie sie in der Beratungspraxis täglich gemacht wird, kann vor diesem Hintergrund nicht länger als „eingebildete“ Übereinstimmung gewertet , sondern muss geradezu als stimmige Beschreibung der wirkenden Grundprinzipien, wie sie ja auch schon von C. G. Jung als Archetypen, als Ur-Themen der Menschheit beschrieben wurden, anerkannt werden.

Der fruchtbare Dialog zwischen Wissenschaft und Astrologie klang beim gemeinsamen Essen beim Italiener um die Ecke aus. Auch hier wurde angeregt weiterdiskutiert, wie die Fotos zeigen.


Abb. 5: Dr. Stamer, Prof. Dr. Antes, Dr. Schoener, Volker H. Schendel


Abb. 6: Dr. Peter Niehenke in gewohnt leidenschaftlicher Diskussion,
Bianca Schmale und Volker Schendel hören zu.


Abb. 7: Gruppenbild: Bianca Schmale, Gesine Mantel, Dr. Peter Niehenke,
Annegret Becker-Baumann, Dr. Gerhard Stamer, Prof. Dr. Dr. Peter Antes,
Prof. Dr. Bernd Oppermann, Dr. Gustav-Adolf Schoener.

1) Lit.: Peter Niehenke, „Kritische Astrologie“, S. 84