Der Tierkreiszeichenmensch

Der Tierkreiszeichenmensch

„Homme Anatomique“ aus dem Stundenbuch des Duc de Berry „Les Très Riches Heures“

[Vortrag anlässlich der Tagung der Evangelischen Regional- und Stadtakademie Hannover in Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung KEB und dem Religionswissenschaftlichen Institut der Universität Hannover]

Lieber Herr Stier, lieber Herr Meilwes, sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, hier über den Tierkreiszeichenmenschen sprechen zu können. Ich danke Ihnen für Ihre Bereitschaft, sich auf ein Thema einzulassen, das nicht ganz alltäglich ist und sicher auch Widerspruch hervorruft. Astrologie ist nun mal ein Reizwort, bei dem man leicht seinen Vorurteilen erliegt. Um so erfreulicher ist es, dass Sie diesem Thema mit kritischer Offenheit begegnen.
„Astrologie und Christentum – kann das überhaupt gehen?“ fragen immer wieder Menschen. Und ich selbst habe als Astrologin, die in der Kirchengemeinde in Vinnhorst aktiv war, die Sprachlosigkeit von beiden Seiten wahrgenommen. Das Thema Astrologie wurde ausgeklammert, tabuisiert. Darum ist diese Tagung auch wichtig, um im Gespräch hieran anzuknüpfen, die Sprachlosigkeit zu überwinden, falsche Ängste vor der Begegnung mit Astrologie zu nehmen.
Das Bild über das ich sprechen möchte, der Tierkreiszeichenmensch aus dem Stundenbuch des Herzogs von Berry, ist wie kein anderes geeignet, hier einen Beitrag zu leisten, diese Sprachlosigkeit zu überwinden.
Sie kennen den Satz: „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“. Und dieses Bild sagt in seiner ganzen Schönheit und Eleganz, wie gut Astrologie und Christentum zusammengehen können. Denn es ist ein astrologisches Bild in einem christlichen Stundenbuch.

Der Titel des Bildes ist „Tierkreiszeichenmensch“, auf französisch: „Homme Anatomique“ aus dem Stundenbuch des Duc de Berry. Und der Name des Stundenbuches ist: Les Très Riches Heures du Duc de Berry. Ich liebe dieses Bild sehr, denn es veranschaulicht sehr schön,  dass Astrologie und Christentum sich nicht zwangsläufig ausschließen müssen, sondern sich durchaus verständigen und vielleicht sogar ergänzen können.

Und so ist es nur folgerichtig, dass der Tierkreiszeichenmensch nunmehr zum dritten Mal die Einladung der Evangelischen Regional- und Stadtakademie zur Tagung über Astrologie und Christentum schmückt. Das Bild ist sehr berühmt, und genau so berühmt ist das Buch, aus dem es stammt, das Stundenbuch des Herzogs von Berry aus Frankreich.
Meine Ausführungen gliedern sich in folgende Teile:

  • stelle ich Ihnen den Auftraggeber, den Herzog von Berry vor
  • Das Kalendarium des Stundenbuchs
  • Den Tierkreiszeichenmensch und die 12 astrologischen Entsprechungen

Zunächst ein paar Worte zum Auftraggeber. Dieser Johann von Frankreich, Herzog von Berry, lebte von 1340 – 1416. Er war der dritte Sohn  Johanns des Guten (1319-1364), des späteren Königs von Frankreich. Er gehörte zum Hause Valois. Seine Mutter nannte sich Bonne von Luxemburg. Sie starb 1349 an der Pest, als ihr Sohn Jean acht Jahre alt war. Er selbst wurde am 30. November 1340 geboren und starb am 15. Juni 1416. Er hatte 2 ältere Brüder, Karl und Ludwig. Karl V. der Weise wurde König von Frankreich und regierte von 1364 – 1380.
Ich habe Ihnen eine Postkarte vergrößert, die ich im Louvre in Paris kürzlich erworben habe.
Die Abbildung I zeigt das Haus Valois. Links oben ist Jean II le Bon (Johann der Gute) abgebildet, der der Vater vom Herzog von Berry war. Darunter ist der Bruder des Herzogs, nämlich Charles bzw. Karl V. dargestellt, der der Nachfolger auf dem Thron Frankreichs wurde.
Sie können sich also vorstellen, hier ist der König, sein ältester Sohn folgt ihm auf dem Thron, und einer der Brüder ist der Jean, der dieses Bild in Auftrag gab.
Wir befinden uns also im Umfeld des französischen Königshofs.
Übrigens Jean le Bon hängt als Portrait im Louvre. Es ist ein kleines Bild, das einen Extraplatz bekommen hat in der Mittelalter-Abteilung.

Abb. 1: Das Haus Valois, Postkarte aus dem Louvre, Paris

Jean de Berry wuchs in einer kunstsinnigen Umgebung auf. Schon der Vater hatte Künstler um sich geschart, sie mit der Illustration von Handschriften beauftragt. Sein Sohn war genau so bibliophil und hatte am Ende seines Lebens eine 300 Bücher umfassende Bibliothek mit künstlerisch anspruchsvollen Werken. Er besaß allein 15 Stundenbücher. Dieses wird heute im Musée Condé zu Chantilly aufbewahrt. Es ist durch und durch handvergoldet, die Blätter bestehen aus Kalbspergament.  Die künstlerische Qualität der Miniaturen ist so überragend, dass sie in keinem Werk zur Geschichte der mittelalterlichen Malerei fehlt. Erst im Jahre 1969 wurde das Stundenbuch zum ersten Mal komplett in Farbe reproduziert. Davor gab es nur 1940 farbige Bilder des Kalenders.
Im 15. Jahrhundert wurden die insgesamt 131 Miniaturen gezeichnet. Was sie für die Geschichtsforschung so besonders spannend macht, ist ihr Detailreichtum. Umberto Eco, Professor für Semiotik an der Universität Bologna und dem Publikum vor allem bekannt durch seinen Roman „Der Name der Rose“,  sagt in einem Aufsatz über dieses Buch: „Die Très Riches Heures sind ein unersetzliches Dokument zum Verständnis des materiellen Lebens, der Sitten und Bräuche, der ästhetischen Vorlieben der Gesellschaft jener Epoche.“
Das Stundenbuch wurde mit Unterbrechungen von verschiedenen Malern gemalt, zunächst haben die drei Gebrüder Limburg daran gearbeitet, und dann nach vielen Jahren Unterbrechung später Jean Colombe. Soweit sind sich die Forscher sicher. Welches der Bilder welchem Maler zuzuordnen ist, darüber besteht keine eindeutige Klarheit.  Die Gebrüder Limburg, Paul, Herman und Jean, starben im gleichen Jahr wie der Herzog, nämlich 1416.
Die ersten Bilder wurden etwa ab 1414 begonnen, die Kalenderblätter sind wahrscheinlich in der Zeit entstanden, ebenso der Tierkreiszeichenmensch. Es ist nicht sicher, ob er ursprünglich für das Stundenbuch gedacht war.  Dass er dem Herzog von Berry zugedacht und zugeeignet war, ist allerdings eindeutig, da das Wappen des Herzogs, 3 Lilien auf blauem Grund, im Bild auftaucht, ebenso wie das Monogramm VE, das man mit dem Namen Ursine in Verbindung bringt. Der Bär, im Französischen „l’ours“, taucht im Wappen und in den Bildern der Handschrift öfter auf, ohne dass man heute noch den Grund kennt.

Kommen wir nun zum Kalendarium des Stundenbuches.
Was war überhaupt ein Stundenbuch? Es war ein Gebetbuch für Laien.
Ein Stundenbuch beinhaltete die Psalmen und Gebete, die zu bestimmten Tageszeiten und im Jahreslauf zu sprechen waren. Zum Stundenbuch gehören ein Kalendarium, Mariengebete, biblische Darstellungen, Psalmen, Passionsbilder.
Ein Kalender war wichtig für den richtigen Umgang mit dem Stundenbuch, das ja ein liturgisches Buch war. Man musste wissen, an welchem Tag welche Gebete gebetet wurden, ob der Tag ein gewöhnlicher Heiligentag oder ein kirchlich festgelegter Feiertag war. Fast jeder Tag hatte einen religiösen Bezug und würdigte einen Heiligen oder eine Heilige.

Es gibt u.a. 12 Monatsminiaturen, die sehr genau die Arbeiten im Laufe eines Jahres darstellten, genau so sorgfältig verschiedene Schlösser des Herzogs illustrierten. Diese Monatsbilder fehlen heute in keinem Buch über das Mittelalter. Auch der „Spiegel“, der im Oktober 2005 eine Titelgeschichte zum Mittelalter hatte, veröffentlichte eines der Monatsbilder, wenn auch leider ohne Quellenangabe.

Die Monatsbilder waren nach oben von einem Bogen überwölbt, der aus mehreren Bogenfeldern bestand. Im äußersten Feld stehen die lateinischen Namen der beiden in dem Monat einander ablösenden Tierkreiszeichen, die jeweils 30° umfassten. Das zweite Feld zeigt auf blauem Grund den sternenübersäten Tierkreis mit den jeweiligen Tierkreiszeichen. Darunter sind die Monatsnamen und die Zahl der Tage, die Mondphase usw. eingetragen. Im innersten Halbkreis schließlich thront der Sonnengott Phöbus auf seinem von geflügelten Rossen durch den Himmel gezogenen Wagen, während er die Sonne in den Händen hält.
Bemerkenswert ist hier die ungezwungene Verbindung von christlichen und heidnischen Motiven aus der griechischen Mythologie.
Als Beispiel dient die berühmte Miniatur des Monats Oktober, Folio 10,  in der die traditionelle Arbeit dieses Monats dargestellt wird. Ein Bauer wirft schwungvoll das Saatgut aus. Links reitet ein anderer Bauer auf einem Pferd, das eine mit einem großen Stein beschwerte Egge zieht. Im Vordergrund picken Elstern und Rabenkrähen das gerade gesäte Korn auf. Dahinter ist eine Vogelscheuche in Gestalt eines Bogenschützen aufgebaut. Außerdem sind Schnüre über den Boden gespannt, die die Vögel fernhalten sollen.
Im Hintergrund erhebt sich das majestätische Schloss des Louvre, wie es im 15. Jahrhundert aussah.


Abb. 2: Miniatur aus dem Stundenbuch: Der Monat Oktober

Kommen wir nun zum Titelbild der Tagungseinladung, dem Anatomischen Menschen. Dieses Bild beschließt das Kalendarium und rundet es zugleich sinnvoll ab. Das Bild zeigt den Zusammenhang zwischen den 12 Tierkreiszeichen und den körperlichen Entsprechungen des Menschen. Es ist ein sehr ungewöhnliches Bild in einem Stundenbuch. Wahrscheinlich hatte es ein Vorbild aus einem medizinischen Werk. Astrologie war ja durchaus weit verbreitet am Ausgang des Mittelalters. Die sogenannte natürliche Astrologie, die sich mit Vorhersagen zum Wetter, zur Landwirtschaft, zur Gesundheit befasste, war von kirchlicher Seite ausdrücklich erlaubt. So gab es astrologische Almanache, die Regeln für die Landwirtschaft enthielten. Und es gab in medizinischen Abhandlungen Abbildungen vom Menschen im Zusammenhang mit dem Tierkreis. Aber keine bekannte Abbildung ist so schön und wunderbar gemalt wie diese Figur.


Abb. 3: Der Tierkreiszeichenmensch „Homme anatomique“

Die Schönheit und Eleganz der Doppelgestalt sind auffällig. Die beiden Figuren sind von dem Tierkreis in einer Mandorla umgeben, die ähnlich wie bei den Kalenderbildern die 12 Tierkreiszeichen und die Skala mit den 360° darstellen, die die Sonne im Laufe des Jahres durchwandert. Man vermutet, dass antike Vorbilder, vielleicht eine Darstellung der drei Grazien, dem Maler vor Augen standen, als er den Tierkreismenschen schuf.
In den 4 Ecken des Bildes sind jeweils die 3 Tierkreiszeichen eines Elements genannt mit den zugehörigen Qualitäten warm, kalt, feucht und trocken, mit dem männlichen oder weiblichen Charakter, mit dem entsprechenden Element und mit einer der Himmelrichtungen.
Z.B. steht links oben: „Aries, leo, sagittarius, sunt calida et sicca,collerica masculina. Orientalia“, zu deutsch: „Widder, Löwe, Schütze, sind warm und trocken, cholerisch, männlich, Osten“.
Das cholerische Temperament entspricht dem Element Feuer, zu dem die Tierkreiszeichen Widder, Löwe und Schütze gehören sowie die Qualitäten warm und trocken.
Das sanguinische Temperament entspricht dem Element Luft, zu dem die Zeichen Zwillinge, Waage und Wassermann gehören sowie die Qualitäten warm und feucht.
Das melancholische Temperament entspricht dem Element Erde, zu dem die Tierkreiszeichen Stier, Jungfrau und Steinbock gehören und die Qualitäten kalt und trocken.
Das phlegmatische Temperament entspricht dem Element Wasser, zu dem die Zeichen Krebs, Skorpion und Fische gehören und die Qualitäten kalt und feucht. Die Zuordnung der Qualitäten geht übrigens auf Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) zurück.
Der Homme Anatomique, Folio 14, zeigt in einer ästhetisch bezaubernden Weise die klassische Zuordnung der astrologischen Prinzipien zu den verschiedenen Körperteilen des Menschen. Diese Zuordnung fußt auf der Idee der Analogie. Das Denken in Analogien, besonders der Analogie bzw. der Entsprechung zwischen Makro- und Mikrokosmos, war in der Zeit der Renaissance, einer großen Blütezeit der Astrologie und Alchemie, weit verbreitet. Sie ist die wichtigste Grundidee zum Verständnis von astrologischen Gedanken. Sie geht von einem holistischen Weltbild aus, in dem der Kosmos, die große Ordnung, wirkt. Darum gibt es einen – wenn auch nicht logischen – Zusammenhang zwischen den großen und fernen Dingen und den kleinen und nahen Dingen. Paracelsus,  der als Vater der modernen Medizin gilt, hat diesen Zusammenhang auf die Formel Makrokosmos = Mikrokosmos gebracht, die Astrologie spricht heute vom Gesetz „Wie oben so unten“, und dieser Gedanke klingt auch im Vaterunser an, wenn wir beten: „Wie im Himmel, so auf Erden“.
Für Paracelsus, den großen Arzt am Beginn der Neuzeit, dessen Gedanken die Medizin revolutionierten, war es übrigens selbstverständlich, dass ein guter Arzt die Astrologie kennen und die Planetenkräfte nutzen müsse in seiner Arbeit.
Das Bild zeigt also die 12 Tierkreiszeichen um den Menschen herumgelegt, der Mensch quasi  in die große Ordnung, den Kosmos gestellt. Das Wort Kosmos bedeutet Ordnung. Und darüber hinaus ist der Mensch vom Tierkreis durchdrungen.

Der Kopf ist dem Widder zugeordnet.
Widder-Qualität heißt u.a.: mit dem Kopf durch die Wand wollen. Wenn ich aggressiv und rücksichtslos drauflospresche, keine Rücksicht auf meine psychischen Grenzen nehme, kann ich über Kopfschmerzen spüren, dass ich eine Grenze verletzt habe.
Die Hals-/ Nackenpartie ist dem Stier zugeordnet.
Stier-Qualität heißt u.a.: vieles zu tragen, zu ertragen, zu dulden, zu schlucken.
Wenn ich psychologisch zu viel mir aufbürde, bekomme ich Verspannungen im Nackenbereich oder Halsschmerzen, weil ich zuviel schlucke.
Die Arme und Hände sowie die Lunge sind den Zwillingen zugeordnet.
Zwillinge-Qualität heißt u.a.: beweglich und flink zu sein, viele Interessen zu haben, dadurch sich manchmal zu zersplittern. Der Rhythmus zwischen Ein- und Ausatmen, zwischen Geben und Nehmen, kann dadurch gestört werden. Und so können Atemprobleme ein Ausdruck eines Zwillinge-Problems sein.
Brust und Magen sind dem Krebs zugeordnet.

Krebs-Qualität ist das mütterliche, das nährende und pflegende Prinzip. Wir sagen: Die Liebe geht durch den Magen, und ebenso schlägt uns Ärger auf den Magen. Bei einer Magenverstimmung ist also die seelische Verstimmung nicht weit.
Das Herz und das Rückgrat sind dem Löwen zugeordnet.

So wie wir das Herz als Zentrum unserer Organe betrachten, so ist es auch im übertragenen Sinne Symbol unserer Persönlichkeit, unserer Integrität. Wenn wir Rückenschmerzen erleiden, können wir uns fragen, wo wir uns verbiegen mussten, wo wir nicht aufrichtig und aufrecht waren. Und bei Herzschmerzen sind ebenfalls zentrale Anliegen angesprochen, die mit unserer persönlichen Integrität und Souveränität zu tun haben.

Die Verdauungsorgane sind der Jungfrau zugeordnet, besonders der 12-Finger-Darm als Symbol der Sortierung der Nahrung.
Wenn wir bildlich gesprochen etwas nicht verdauen können, weil wir vielleicht etwas für uns nicht Zuträgliches zu uns genommen haben, reagiert der Darm.
Die Nieren sind der Waage zugeordnet.
Wenn uns etwas an die Nieren geht, dann hat uns etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. Häufig sind es Angelegenheiten der Partnerschaft, der Liebe oder des Zusammenseins mit anderen Menschen.

Die Ausscheidungs- und Geschlechtsorgane werden dem Skorpion zugeordnet.
Und so wie wir diese körperlichen Bereiche mit einem Tabu belegen und meist nicht unbefangen mit unseren Ausscheidungen und unserem Geschlechtsleben umgehen, so gehören Begriffe wie Tabu, seelische Abgründe, Kontrolle, Macht, Sexualität, zum Themenkreis des Skorpions.
Zur Leber und den Hüften gehört der Schütze.
Mit Schütze verbinden wir Glaube, Liebe, Hoffnung und das Streben nach Höherem, Einsicht und Toleranz. Durch den Kampf mit dem Engel verrenkt sich Jacob in der Bibel die Hüfte. Und jemand, der ein Problem mit seinem Glauben oder seinen Überzeugungen hat, kann über die Leber oder die Hüfte damit in Kontakt kommen.

Die Knie und das Knochengerüst werden dem Steinbock zugeordnet. Verkalkungen, Verhärtungen im seelischen Bereich können auf der körperlichen Ebene zu Knieproblemen oder Versteifungen führen.
Den Schienbeinen und Sprunggelenken ist der Wassermann zugeordnet.
Wir verbinden mit dem Wassermann-Prinzip das Ver-Rückt-Sein, die närrische Zeit des Karnevals, den Sprung aus der Norm. Wer Krämpfe oder Wadenprobleme oder Nervenprobleme hat, der hat in diesem Bereich irgendwie eine Fehlhaltung entwickelt. Den Füßen und die Drüsen sind die Fische zugeordnet.
Fische als letztes Zeichen beenden den Kreis und bereiten einen neuen vor. Sie verbinden uns mit dem Göttlichen, der Transzendenz, der Sehnsucht nach Erlösung. Dieser Weg verlangt Demut und Opferbereitschaft. Körperliche Probleme deuten auf Schwierigkeiten mit der geistigen Welt hin.
Diese Zuordnung nach dem Analogieprinzip gilt heute wie damals in der Astrologie. Der Tierkreiszeichenmensch ist ein zeitloses Kunstwerk der Astrologie und als Bestandteil eines christlichen Stundenbuches ein Symbol dafür, dass Religion und Philosophie und Astrologie einander immer wieder ergänzen und bereichern können.
Lassen Sie uns also auf Gemeinsamkeiten zwischen Astrologie und Christentum  schauen und nicht so sehr das Trennende betonen. Durch diesen Dialog können wir vielleicht dazu beitragen, dass manche Vorurteile aufgelöst werden, dass manche Ängste sich als unnötig erweisen. Gerade vor dem Hintergrund des Karikaturenstreits, der in der letzten Zeit die Welt erschütterte, muss man jeden Versuch, Toleranz und Verständnis für einander zu entwickeln, ganz hoch schätzen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Literatur: Raymond Cazelles und Johannes Rathofer, „Das Stundenbuch des Duc de Berry. Les Très Riches Heures.“ Drei Lilien Edition, 1988 Faksimile Verlag Luzern, Sonderausgabe 1996 für VMA-Verlag, Wiesbaden